Der Trauerprozess


Wenn wir über Trauer und den Trauerprozess sprechen, ist es zuallererst wichtig zu sagen, dass dies ein normaler und vor allem auch notwendiger Prozess ist. Gesellschaftlich wird häufig eine "Trauerzeit" zugestanden, vielleicht einige Wochen oder Monate, vielleicht sogar ein Jahr. Doch der Trauerprozess ist ganz individuell und lässt sich nicht über einen Kamm scheren.

 

Die Trauer braucht ihre Zeit. Und wie lange sie braucht, bestimmt ganz allein die trauernde Person selbst.

 

Trauer ist sinnvoll

Alle Emotionen haben eine Funktion, einen Sinn. Was ist die Funktion von Trauer? Warum empfinden wir Trauer, wenn wir einen geliebten Menschen verlieren?

Die Trauer hilft uns dabei, Abschied zu nehmen indem wir die Realität, die Wirklichkeit des Geschehenen annehmen lernen. Als Emotion, die stark nach innen gerichtet ist, zwingt sie uns indirekt auch dazu, uns mit dem Auseinander zu setzen, was in uns ist. Sie hilft, unsere Werte zu hinterfragen unseren Körper und unsere Gefühle kennen zu lernen und zu unseren Bedürfnissen zu finden.

Doch dieser Prozess kostet Kraft und vor allem: er braucht Zeit.

 

Trauer ist individuell

In der Trauer gibt es kein "richtig" oder "falsch". Sie ist für jeden anders. Wie wir trauen hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab:

welche Bedeutung hatte die Schwangerschaft für dich,wie tief war die bereits gewachsene Bindung zu deinem Kind, welche Verluste hast du bereits in deinem Leben erfahren müssen, welche religiösen oder spirituellen Vorstellungen hast du, u.v.m.

Doch besonders wichtig ist dabei auch die Unterstützung, die du von Beginn an erfahren hast.

 

Was wir im Außen sehen können

Während der Trauer passiert Vieles in uns, in unserem Inneren. Doch auch im Außen zeigt sich meist deutlich, dass wir trauern. Durch Schlaflosigkeit, wenig Appetit oder auch genau umgekehrt, durch ein hohes Schlafbedürfnis oder großen Appetit (vielleicht um den Schmerz nicht fühlen zu müssen).  Es fällt schwer, Aufgaben zu beginnen oder sich zu motivieren aktiv zu sein. Genauso kann es sein, dass viel mehr unternommen oder gearbeitet wird, um zuzudecken, was da ist. Auch die Gefühlswelt kommt durcheinander. Wut, Angst, Trauer, Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle lösen einander ab.

Doch all das gehört zum Prozess des Trauerns und darf sein.

 

Gespräche

Oft behalten wir unsere Trauer für uns, möchten uns anderen nicht "zumutuen" oder sie nicht mit unserer Geschichte belasten. Und gerade dann, wenn wir die meiste Unterstützung bräuchten, fordern wir sie nicht ein, aus Angst als "nicht-normal" oder "verrückt" zu gelten.

Doch: mit anderen über unsere Geschichte zu sprechen hilft, das Erlebte einzuordnen, unsere Gefühle zu strukturieren und uns neu zu orientieren. Meist erfahren wir ehrliche und wertschätzende Unterstützung, wenn wir es uns erlauben, uns anderen zu öffnen. Andere an unserem Erleben teilhaben zu lassen.

Niemand soll alleine durch die Trauer gehen müssen, denn darüber reden hilft.

 

Aufgaben der Trauer (nach William Worden)

Mit der Bewältigung des Verlustes gehen auch verschiedene Aufgaben einher, die von der/dem Trauernden bewältigt werden müssen. So kann eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Erlebten stattfinden und die Trauer verarbeitet werden:

  • Die Wirklichkeit des Verlustes begreifen und annehmen
  • Den Schmerz und alle mit dem Verlust verbundenen Gefühle zulassen 
  • Sich einem Leben, in dem das Kind fehlt, stellen
  • Frei werden für neue Bindungen und Aufgaben (ohne das Kind zu vergessen)